Krampfadern & Co
Ich wollte heute mal über ein ganz "normales" medizinisches Thema schreiben, da in der Sprechstunde vermehrt Bein gezeigt wird. Außerdem war kürzlich (20.4.) der Deutsche Venentag, wo sich die Deutsche Venenliga e.V. mit der Aufklärung rund um Venenleiden gezielt beschäftigt hat.
Venenleiden kommen häufig vor
Immerhin 70 % unserer Bevölkerung haben im Verlauf ihres Lebens Probleme mit den Blutgefäßen an den Beinen, die das Blut zum Herzen zurück pumpen: den Venen. Das wundert einen nicht, denn diese Venen leisten echte Schwerstarbeit: zirka 7000 Liter Blut werden täglich entgegen der Schwerkraft aus den Beinen zurück ins Herz und dort zum Versorgen mit neuem Sauerstoff in die Lunge gepumpt. Dieser Vorgang wird durch unsere Muskeln als sog. "Muskelpumpen" unterstützt, und außerdem gibt es die Venenklappen, die dafür zuständig sind, dass das nach oben gepumpte Blut nicht einfach wieder zurück fließt.
Zu Krampfadern kommt es, wenn diese Mechanismen nicht mehr gut funktionieren. Der Druck auf die Venenklappen steigt beispielsweise durch regelmäßiges und langes Stehen oder Sitzen. Durch Übergewicht, Verstopfung im Darm, Schwangerschaft oder andere Bauchleiden folgt ein höherer Druck im Bauch, der sich wiederum auf die Blutgefäße der Beine umlegt. Manchmal gibt es entzündliche Ursachen für diese Entwicklung sowie angeborene und vererbte Faktoren. Nach tiefen Beinvenenthrombosen kann es aufgrund der dortigen Abflussbehinderung zu einer Überlastung der oberflächlichen Venen kommen. Durch diese Drucksteigerung erweitern sich die Venen (bis 1 mm Durchmesser sog. Besenreiser an der Oberfläche, 1-3 mm als sog. retikuläre Venen und Varizen = Krampfadern ab einem Durchmesser von 3 mm).
Diese Erkrankung ist unangenehm, häufig kosmetisch störend und nimmt im Laufe des Lebens an Intensität zu. Geschätzt haben 20-30 % der Bevölkerung hat Krampfadern. Schmerzen in den Beinen werden üblicherweise nicht durch die Krampfadern verursacht - hier muss man an orthopädische oder neurologische Ursachen denken, sowie an Verengungen in den Beinschlagadern (sog. AVK = arterielle Verschlusskrankheit). Trotzdem kann es bei manchen Betroffenen zu einem Spannungs- oder Druckgefühl in den Beinen kommen, gerade nach längerem Sitzen und/oder mit Verschlimmerung am Ende eines Tages. Manchmal treten auch Juckreiz oder nächtliche Krämpfe sowie Schwellungen der Beine auf, die im Tagesverlauf zunehmen. Viele Betroffenen stören Krampfadern kosmetisch oder treibt die Angst um, dass schlimme Komplikationen auftreten könnten (die meisten denken hier an eine Thrombose, das ist aber nicht das naheliegendste Problem).
Ein Arztbesuch schafft Fakten
Bei der ärztlichen Untersuchung werden nicht nur die Varizen angeschaut, sondern auch darauf geachtet, ob es Zeichen einer fortgeschrittenen chronisch venösen Insuffizienz (CVI) gibt. So nennt man die gesamte Erkrankung, die aufgrund von nachlassender Funktionsfähigkeit im Venensystem der Beine zustande kommt. Sie wird in verschiedenen Stadien eingeteilt, die sich anhand der Art der Veränderung und deren Ursache sowie dem vorliegenden Schweregrad definieren. Typische Klassifikationen für uns Ärztinnen sind CEAP sowie nach Widmer oder Marshall. Gefürchtet sind Komplikationen wie das sog. "offene Bein", also ein Hautdefekt, der durch die Gewebeveränderungen in der Folge einer CVI auftreten kann. Die häufig gefürchtete Thrombose kann ebenfalls infolge von Krampfadern auftreten, ist aber verglichen mit zahlreichen anderen Risikofaktoren eher schwach. Hingegen kann nach einer Thrombose der tiefen Beinvenen das Krampfaderleiden und die CVI drastisch zunehmen.
Falls notwendig, geht es weiter zum Gefäßspezialisten
Zurück zu den Krampfadern: Liegen handfeste Symptome einer Varikose vor, wird zu Spezialist:innen überwiesen. Dort kann über verschiedene Ultraschallverfahren oder (heutzutage wesentlich seltener!) einer Kontrastmitteldarstellung die Erkrankung genauer geprüft werden. Meistens wird man zu dem Schluss kommen, dass keine spezielle Therapie notwendig ist, außer es werden weitere Hinweise auf eine CVI oder andere Komplikationen gefunden. Dort wird dann auch über eine eventuelle Indikation zu einer operativen Versorgung beraten.
Die allgemeinen Empfehlungen für die Betroffenen sind, dass langes Stehen und engsitzende Beinkleidung möglichst vermieden werden, und im Sitzen das betroffene Bein auf einen Stuhl hochgelagert werden soll. Spazierengehen fördert die sog. Muskelpumpe und damit den venösen Rücklauf des Blutes in Richtung Herz. Eine Gewichtsabnahme kann ebenso hilfreich sein wie das Tragen von Kompressionsstrümpfen und regelmäßigem Hochlagern der Beine.
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